Ordo Fratrum Minorum Capuccinorum IT

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updated 7:40 AM UTC, Apr 30, 2024

Die Brüder und das Erdbeben

Mittwoch, 24. August 2016 03.36 Uhr: Die Erde bebt in ganz Mittelitalien. Die Leute liegen in dieser heissen Sommernacht im Schlaf, plötzlich erwachen sie und ihre Augen schauen auf den Schrecken der Zerstörung, den ein heftiges Erdbeben in verschiedenen Gemeinden angerichtet hat. Während ich daran bin, diese Zeilen zu schreiben, reden die Nachrichtensprecher von mehr als 300 Toten und einer noch nicht ermittelten Zahl von Verletzten. Am 6. September kommen Br. Martin Torres, Guardian der Generalkurie, und Br. Raffaele Della Torre, Generalrat, nach Amatrice und besuchen die Mitbrüder. Bereits in den ersten Tagen nach der Tragödie mischten sich diese auf den Strassen und in den Zeltstädten unter die Leute. Am 10. September kamen auch der Generalminister Br. Mauro Jöhri, der Generalvikar Br. Štefan Kožuh und der Verantwortliche für das Büro für Kommunikation an der Generalkurie Br. Pawel Teperski nach Amatrice.

Die Brüder aus Rom wurden in Leonessa, der Geburtsstadt des hl. Josef,  herzlich empfangen. Leonessa ist etwa 40 Kilometer von Amatrice und Accumoli entfernt. Beide Orte wurden vom Erdbeben übel hergerichtet. Br. Orazio Renzetti, Guardian, koordiniert unsere Präsenz im Erdbebengebiet. Er berichtet, wie die Brüder sich unter den Erdbebengeschädigten engagieren.

Im Folgenden verzichte ich auf emphatische Worte, das könnte angesichts des Schmerzes der Betroffenen als ungehörig erscheinen, ich erzähle nur, was ich gesehen und gehört habe. Es ist eine Synthese dessen, was uns die Mitbrüder besonders in der Begegnung mit dem Generalminister berichtet haben. Unsere Mitbrüder von Leonessa, die Postnovizen und die Studenten in Viterbi haben sofort ihre Kräfte zu Verfügung gestellt und dort geholfen, wo es nötig war. Der Bischof von Rieti, zu dessen Diözese mehrere schwer geschädigte Gemeinden gehören, bat den Provinzialminister von Rom, Br. Gianfranco Palmisami, um das Engagement der Brüder.

Wie sieht nun diese Präsenz unserer Brüder konkret aus? Sie hören zu, wenn die Leute ihren Schmerz, ihre Wut und ihre Rebellion hinausschreien. Einige sind den Überlebenden dann beigestanden, wenn sie die Opfer, ihre nächsten Angehörigen, identifizieren mussten: entstellte Körper, manchmal nur an der Uhr, am Pyjama, an einem Spielzeug, das ein Kind nachts bei sich hatte, identifizierbar. Sie sind in halbzerstörte, von Einsturz bedrohte Kirchen hineingegangen und haben konsekrierte Hostien in Sicherheit gebracht. Sie haben auf die Bitten der vielen Freiwilligen aus ganz Italien reagiert und Gebetstreffen veranstaltet, um den Freiwilligen Zugang zu neuer Motivation zu verschaffen und ihnen zu helfen, bei ihrer Mission zu bleiben. Und dann gab es das schlichte Dabeisein bei alten Menschen und das Spielen mit Kindern.

Ich habe gesehen, wie unsere Brüder mit leuchtenden Augen mitten unter den Leuten standen, diskret, mit respektvollem Schweigen. Ich habe bei ihnen gespürt, wie Gott in diesem ganzen Elend, im tiefsten Schmerz und beim Verlust von allem anwesend ist und uns befähigt, jenen nahe zu sein, die in innerer Rebellion gefangen sind und Gott nicht mehr erkennen können.

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Letzte Änderung am Mittwoch, 21 September 2016 18:49